Vegetarisch

Kaum ein Thema beschäftigt Mensch und Gesellschaft so sehr wie Ernährung. Kein Wunder, sind wir doch schließlich täglich darauf angewiesen, unseren Bedarf an Nährstoffen zu decken – und lieben dabei den Genuss. Sicherlich werden Sie es selbst schon mitbekommen haben: Ernährung, vor allem eine gesunde und bewusste Form des Genießens, spielt im Leben vieler Menschen eine wichtige Rolle und trägt maßgeblich zur Lebensqualität bei. Die verschiedenen Möglichkeiten sind dabei so vielfältig wie die Menschheit selbst. Eine Ernährungsweise, die nicht wirklich neu ist und trotzdem eine immer größer werdende Community anzieht, ist der Vegetarismus.

Doch was bedeutet vegetarische Ernährung? Abgeleitet vom lateinischen Verb vegetare, das beleben bedeutet, haben Wörter wie Vegetarier über das Englische vegetarian schließlich Einzug in unseren Sprachgebrauch erhalten. Vegetarische Ernährung steht also für eine belebende Form der Nahrungsaufnahme und wird verstanden als eine pflanzliche Ernährungsform, deren Anhänger auf Fleisch und Fisch verzichten. Tierische Produkte werden nur dann konsumiert, wenn sofern sie von lebenden Tieren kommt. Dementsprechend konsumieren Vegetarier auch Lebensmittel wie Eier, Honig oder Milch.

Doch was es hat im Detail auf sich mit Vegetarismus und vegetarischer Ernährung? Fehlen Vegetariern nicht wichtige Nährstoffe, wenn sie kein Fleisch oder Fisch konsumieren? Welche Gründe und Vorteile sprechen für die vegetarische Lebensform? Für wen ist sie geeignet? Wie gelingt der Einstieg ins fleischfreie Leben?

Zur Geschichte des Vegetarismus: keine Modeerscheinung

Insbesondere in den letzten Jahren ist der Vegetarismus immer weiter in den Fokus gerückt. Doch dabei ist die vegetarische Ernährung alles andere als neu: Schon seit Jahrtausenden beschäftigen sich Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen mit der pflanzlichen Lebensweise.

Schon Homer erzählt während der griechischen Antike in seiner Odyssee von einem Naturvolk, das im Einklang mit seiner Umwelt lebt. Historische Belege der vegetarischen Ernährung gehen auf das 6. Jahrhundert v. Chr. zurück: Sowohl die Orphiker als auch der Kreis rund um den Philosophen und Mathematiker Pythagoras lebten vegetarisch – aus philosophisch-religiösen Gründen. Ihrer Lehre der Seelenwanderung verdanken Tiere eine ethische, höhere Einschätzung ihres Daseins.

Etwa zeitgleich begann auch in Indien die Manifestation des Vegetarismus: Religionen wie der Jainismus vertreten Werte wie Gewaltlosigkeit gegenüber allen Lebens. Auch Anhänger des Buddhismus und Hinduismus befürworten die fleischlose Ernährung – viele bis in die Gegenwart.

Obwohl es in der Historie immer wieder Gegner des Vegetarismus gab, hat die vegetarische Ernährung vor allem im Zusammenhang mit Askese immer wieder neue Anhänger gefunden. Dennoch wurde Fleisch, insbesondere in der Neuzeit, zu einem immer beliebteren Nahrungsmittel; vereinzelt bekannten sich jedoch namhafte Personen wie Universalgenie Leonarda da Vinci zu ihrer ethischen Überzeugung, auf Fleisch zu verzichten.

Weiter voran ging die Geschichte der vegetarischen Ernährung vor allem im 18. Jahrhundert; erste Gruppierungen entstanden insbesondere im englischsprachigen Raum im 19. Jahrhundert. Als Gründe für den Vegetarismus galt neben Verzicht auch ein höheres Maß an Gesundheit. Vielleicht haben Sie schon einmal von der Vegetarian Society gehört? Dieser englische Vegetarier-Verbund wurde schon 1847 gegründet – und existiert bis heute.

In Deutschland war es vor allem der Heilpraktiker Theoder Hahn, der die Bewegung der fleischfreien Ernährung nach vorn brachte. Neben gesundheitlichen Gründen wurde der Vegetarismus im 19. Jahrhundert durch weitere Aspekte aus Politik, Ökologie und Tierschutz ergänzt. Diese Ausrichtungen, vor allem ethischer Natur, überzeugen bis heute viele Menschen dazu, sich vegetarisch zu ernähren. Und das zeigen auch die Zahlen: Allein in Deutschland leben etwa 7,8 Millionen Menschen – also knapp 10 % der Gesamtbevölkerung – vegetarisch. Weltweit geht man heutzutage von einer Milliarde Vegetariern aus – Tendenz steigend.

Die verschiedenen Formen des Vegetarismus

Vermutlich denken Sie, dass Sie die Begriffe Vegetarismus und vegetarisch nun kennen. Doch der Entschluss „Ich esse kein Fleisch“ und die vegetarische Ernährungsweise können ganz unterschiedlich ausfallen. Das heißt: Auch innerhalb des Vegetarismus gibt es verschiedene Formen der Ernährung. Auf Fisch und Fleisch verzichten und gleichzeitig Milch, Eier und Honig konsumieren: Personen mit dieser Ausrichtung werden als Ovo-Lacto-Vegetarier bezeichnet. Nur Eier? Nur Milch? Und was ist mit Fisch? Diese Untergruppen gibt es:

Daneben gibt es die Gruppe der sogenannten Flexitarier: Gelegentlicher Fleischkonsum erlauben sich diese Semi-Vegetarier. Auch die Bezeichnung Puddingvegeterier ist in der Szene angekommen und bezeichnet Menschen, die zwar auf eine fleischfreie, aber weniger auf eine gesunde Ernährungsform Wert legen. Doch was alle Vegetarier gemeinsam haben: Die Gerichte und Rezepte sind vielseitig, bunt und lecker.

Gründe für ein vegetarisches Leben: Mehr als Ernährung?

Vielen Menschen schmecken Fleisch und Fisch nicht und entscheiden sich aus diesem Grund für eine vegetarische Ernährung. Dabei ist der Vegetarismus in den meisten Fällen eine Entscheidung, die über die Auswahl der Nahrung weit hinaus geht.

Schon die alten Griechen hatten vor allem religiöse Gründe für ihren Verzicht. Auch heute bleibt die Verbindung zwischen Vegetarismus und Religion bestehen. Prinzipien wie Gewaltlosigkeit stammen vor allem aus indischen Religionen: Aus Angst vor negativem Karma, das unter anderem durch getötete Tiere entsteht, verzichten Anhänger dieser Glaubensrichtungen auf Fleisch und streben stattdessen nach einem guten, mitfühlenden Leben.

Auch im Christentum wird die vegetarische Ernährung auf das gesamte Leben ausgeweitet. Diese Praxis leben nicht nur einige Menschen während der Fastenzeit: Andere Gruppierungen streben ebenfalls nach einem positiven Leben gegenüber Gott und weiten das Gebot „Du sollst nicht töten“ auf die Tierwelt aus.

Neben Spiritualität ist auch der Faktor Ethik für viele Vegetarier entscheidend. Massentierhaltung, leidende Tiere, ein unwürdiger Umgang des Menschen mit dem Tier: Diese und andere Tatsachen aus der Fleischindustrie bringen immer mehr Menschen zur vegetarischen Lebensweise. Fleisch von der Speisekarte zu streichen hat also eine größere Bedeutung als die reine Umstellung der Ernährung.

Auch die Bereiche Politik und Ökologie spielen im Leben vieler Vegetarier eine entscheidende Rolle. Der weltweit hohe Fleischkonsum erfordert immer größere Futtermengen – diese sind meistens gentechnisch belastet und fordern zudem die Abholzung des Regenwaldes. Auch die Massentierhaltung sorgt dafür, dass vermehrt Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen und so der Klimawandel weiter voranschreitet. Und auch der Welthunger ist oftmals der Grund für ein vegetarisches Leben: Indem auf den Anbau von Tiernahrung verzichtet wird, können mehr Menschen ernährt werden. Fleisch zu entsagen ist also eine Art, Umwelt und Welt zu schützen und somit weit mehr als eine bestimmte Ernährungsweise.

Nicht zuletzt ist Gesundheit ein wichtiges Kriterium im Leben zahlreicher Vegetarier, denn sie lebt insgesamt gesünder. Genussmittel wie Alkohol oder Tabak werden weniger konsumiert, auch treiben Vegetarier häufiger in Sport und scheuen keine körperliche Betätigung. Das vegetarische Leben dient damit vor allem der Vorsorge, kann aber auch therapiebegleitend Erkrankungen wie Rheuma oder einen erhöhten Cholesterinspiegel lindern.

Insgesamt kann also geschlussfolgert werden: Ja, Vegetarismus ist mehr als eine Ernährungsform. Verschiedene Gründe, von Religion bis Politik, veranlassen weltweit viele Menschen zu ihrem vegetarischen Leben.

Die vegetarische Ernährung

Kein Fleisch, kein Fisch, je nach Bedarf Eier und Milch: Doch was gehört sonst auf den Speiseplan eines Vegetariers? Neben der ganzen Bandbreite von Obst und Gemüse, die auf verschiedenste Arten zubereitet werden können, gibt es auch einige Produkte, mit denen Vegetarier Fleisch ersetzen.

Tofu und andere Produkte aus der Sojabohne können auf unterschiedliche Weise zubereitet werden: Eingelegter oder gebratener Tofu dienen zum Beispiel als Aufschnitt für’s Brot oder als Beilage zu gedünstetem Gemüse, während der cremige Seidentofu auch in Desserts zum Einsatz kommt.

Ebenfalls aus Sojabohnen besteht das sogenannte Sojafleisch, das zum Beispiel als Fleischersatz in Bolognese-Sauce dient.

Auch Weizenprodukte wie Seitan können ähnlich wie Fleisch zubereitet werden und nehmen, wie Soja, Geschmack und Aroma von Gewürzen, Saucen und Co. an und sind somit eine willkommene Alternative auf dem Speiseplan.

Vorteile der vegetarischen Ernährung

Die Vorteile der vegetarischen Lebensform gehen, auch wenn sie die Motivation ausmachen, weit über ein reines Gewissen und den ethisch-korrekten Speiseplan hinaus, denn: Insbesondere der gesundheitliche Aspekt ist als Trumpf zu verbuchen.

Wegen des Verzichtes auf Fleisch nehmen Vegetarier weniger Fett und Cholesterin zu sich – und bringen so ein mögliches Ungleichgewicht wieder ins Lot. Grundsätzlich trägt der bewusste Umgang mit Lebensmitteln und auch die vegetarische Ernährung zu einem höheren Maß an Gesundheit bei: Übergewicht kann abgebaut und so die Entwicklung zu Diabetes 2 vermieden werden. Auch Volksleiden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einem zu hohen Blutdruck kann der Vegetarismus entgegenwirken.

Insgesamt wird Vegetariern, ausgehend von zahlreichen Studien, ein gesünderes Leben, ein vermindertes Krebsrisiko sowie eine höhere Lebenserwartung zugesprochen. Dennoch gibt es ein paar Aspekte der vegetarischen Ernährung, die zu bedenken sind.

Nachteile des Vegetarismus

Gegner der vegetarischen Lebensform behaupten häufig, dass dem Menschen durch den Fleischverzicht wichtige Stoffe fehlen und ihre Ernährung deswegen nur bedingt für ein gesundes Leben geeignet ist. Ganz falsch ist diese Annahme nicht, denn: Insbesondere B-Vitamine, Eisen und Zink werden vermindert aufgenommen; auch ein Mangel an Eiweiß kann damit einhergehen – wird zumindest behauptet.

Mythen über Vegetarismus

Vegetarier leiden unter Mangelerscheinungen – doch was ist dran an dieser und an anderen Legenden rund ums vegetarische Leben?

Eiweißmangel

Ja, einem Vegetarier fehlen Eiweiße und Proteine – aber nur die tierischen! Bohnen, Nüsse und Fleischersatz wie Tofu oder Seitan enthalten ebenfalls wertvolle, lebenswichtige Nährstoffe. Insbesondere Ovo-Vegetarier können auch die Vorteile von Eiern nutzen, während Lacto-Vegetarier über die Milch essentielle Proteine zu sich nehmen.

Eisenmangel

In einer ausgewogenen vegetarischen Ernährung kommt es praktisch nie zu einer Blutarmut durch Eisenmangel. Zwar speichern Vegetarier weniger Eisen, was wiederum der Gesundheit zugutekommt, denn: Dadurch sinkt das Risiko zahlreicher Erkrankungen. Mit der Aufnahme von Hülsenfrüchten, Hafer oder Pseudogetreiden wie Quinoa gelingt dem Vegetarier neben einer abwechslungsreichen Ernährung auch die Prävention gegen Eisenmangel.

Mangel an Vitamin B12

Dass Vitamin B12 nur in tierischen Produkten vorkommt und der Mensch von sich aus eine überlebenswichtige Menge des Nährstoffs nicht selber produziert, ist erwiesen. Aber Vitamin B12 steckt nicht nur in Fleisch: Auch Eier und Milchprodukte versorgen den Körper mit dem Vitamin. Bei einer vegetarischen Kost, die zudem ausgewogenen und vollwertig ist, ist ein Mangel an Vitamin B12 in der Regel auszuschließen. Regelmäßige Blutuntersuchungen beim Arzt geben die nötige Klarheit; im Fall der Fälle können Vegetarier dem Mangel mit einem entsprechenden Vitaminpräparat vorbeugen.

Sie sehen selbst: Zahlreiche Mythen über die vegetarische Ernährung haben weder Hand noch Fuß. Stattdessen überzeugt der Vegetarismus mit seinen gesundheitlichen Vorteilen und der Möglichkeit, eventuellen Mängeln mit ergänzenden Medikamenten entgegenzuwirken.

Vegetarisch und auf Reisen – geht das?

Vollwertige, gesunde Ernährung: Mit ein wenig Geduld und Mühe ist die vegetarische Ernährung leicht umzusetzen. Doch was, wenn Sie vegetarisch und auf Reisen sind?

Aufgrund der Vielzahl an Vegetariern weltweit nahezu jedes Restaurant heutzutage auch leckere Speisen der fleischlosen Küche auf der Speisekarte stehen. Auch auf vielen Fluglinien haben Sie die Möglichkeit, ein vegetarisches Gericht auszuwählen.

Manches Land und dessen Küche sind für Vegetarier wahre Traumziele: Die italienische Küche zeigt mit ihrer Antipasti, aber auch mit deftiger Pasta die Vielseitigkeit vegetarischer Gerichte und auch andere Länder der mediterranen Küche haben sich die fleischfreie Kost auf die Fahne geschrieben. Das gilt übrigens auch für die orientalische und fernöstliche Küche – warum also keine Reise in die vegetarischen Gefilde der Welt planen?!

Der Einstieg ins vegetarische Leben

Sie werden es selbst merken: Der Vegetarismus ist ein schier unendliches Thema. Dennoch ist der Einstieg in ein vegetarisches Leben sehr leicht und genauso individuell.

Das vegetarische Leben ist an sich für jeden geeignet – für jeden, der etwas Gutes für seine Gesundheit tun möchte, der ein Zeichen gegen die Missstände in der Welt setzen will oder an einer Erkrankung wie Bluthochdruck leidet, der mit dem Verzicht auf Fleisch Einhalt geboten wird.

Dennoch gibt es ein paar Aspekte, auf die Sie beim Beginn eines vegetarischen Lebens achten sollten: Dazu gehört zum einen die ausreichende Zufuhr von Vitamin B12, auch als Nahrungsergänzung. Auch sollten Sie sich das Wissen darüber aneignen, welche Nährstoffe in welchen Lebensmitteln enthalten sind – so kommen Sie schließlich zu einer gesunden, vegetarischen Lebensweise.

Doch planen Sie Ihren Ernährungswechsel mit Sorgfalt, indem Sie sich zuerst mit den wichtigen Fakten zum Vegetarismus beschäftigen. Zahlreiche Communites, Websites und Blogs geben Ihnen die nötigen Einblicke – und eine Vielzahl schmackhafter Rezepte, die an Vielfalt kaum zu übertreffen sind.

Den Übergang können Sie sich gestalten, wie es am besten zu Ihnen passt: Während für manch einen nur der radikale Wechsel infrage kommt, bevorzugen andere Menschen den sanften Einstieg. Von einem zu drei und schließlich bis zu sieben fleischfreien Tagen pro Woche bestimmen Sie selbst Ihr Tempo hin zum vegetarischen Leben.

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